Tag 3: Hochschwanger mehr als vier Stunden zu Fuss
Nach einer erholsamen Nacht geht es für Nino gleich am morgen früh los in ein anderes abgelegenes Dorf: Moeaneng.
Nach einer erholsamen Nacht geht es gleich am morgen früh los in ein anderes abgelegenes Dorf: Moeaneng. Senior Pflegefachfrau Laetitia Tanka erzählt uns, dass hier in den Monaten Juli bis August Minustemperaturen herrschen und Schnee liegt. Dann sind die Dörfer noch schwerer zu erreichen. Was die Menschen hier dann essen, will SolidarMed-Botschafter Nino Schurter wissen. Sie pflanzen diverse Hülsenfrüchte und Getreide an und lassen es für die kalten Monate trocknen. Leider waren aber die Ernten wegen den starken Regenfällen in den letzten Jahren schlecht. Diese sind wohl ein Produkt des Klimawandels, welchen die Menschen hier deshalb hautnah erleben müssen.
Als SolidarMed im 2018 im Distrikt Mokhotlong angefangen hat zu arbeiten, war die Region die traurige Nummer 1 im Ranking der häufigsten unter- und fehlernährten Kinder unter fünf Jahren in Lesotho. Die Situation hat sich zwar seither verbessert, aber man hofft, dass sie durch die klimatischen Veränderungen nicht wieder schlechter wird.
Nach zweit Stunden Fahrt, obwohl nur 30 Kilometer weit, kommen Nino auf dem Mountain Bike und die mobile Praxis gleichzeitig in Moeaneng an. Wie gestern sind es allen voran die Kinder, die neugierig auf den Mountain Biker reagieren. Nino streckt einem anfänglich sehr schüchternen Mädchen die Hand hin. Nachdem sie etwas Vertrauen gefasst hat, umfasst sie seinen Zeigfinger fest. «Es ist immer wieder beeindruckend, wie offenherzig man überall empfangen wird», meint Nino. Er ergreift die Möglichkeit um seine Tochter Lisa (7) per Videoanruf zu erreichen und lässt die Kinder sich gegenseitig begrüssen. Plötzlich scheinen Lesotho und die Schweiz ganz nah.
In Moeaneng lernt Nino auch die Grossmutter Manthuseng Ralithakong (63) kennen, die mit ihren vier Enkeln (2, zweimal 3 und 4 Jahre) für Impfungen zur mobilen Praxis gekommen ist. Sie hat an einer Informationsveranstaltung im Dorf davon erfahren. Da die Eltern der Kinder für die Arbeitssuche nach Südafrika gegangen sind, kümmert sie sich um die Kleinen. Weil Manthuseng kein Handy besitzt, hatte weder sie noch die Kinder Kontakt mit den Eltern, seit sie weggegangen sind.
Weiter erzählt die Grossmutter wie beschwerlich es ist, für die Geburt eines Babys in ein Gesundheitszentrum zu gehen. Sie hat jeweils Bier zuhause gebraut, es verkauft, um ihren schwangeren Töchtern wenigstens den Transport bezahlen zu können. Aber dieser ist erst möglich ab der grossen Kreuzung – bis dahin sind es bis zu 4 Stunden zu Fuss. Wenigstens kann nun die mobile Klinik die wichtigen Schwangerschaftsvorsorgetermine in die Dörfer bringen. Sie selbst hat zwei ihrer Kinder in ihrer Hütte ohne medizinische Unterstützung geboren.
Auch die 24-jährige Marethabile Mashile hatte Mühe den Transport in das nächstgelegene Spital in Mokhotlong für die Geburt ihres Babys zu bezahlen. Sie ist hochschwanger die 4 Stunden zu Fuss gelaufen. Unterdessen ist ihr Baby elf Monate alt. Heute ist Marethabile einerseits gekommen, um ihr Baby impfen zu lassen und andererseits, um Verhütungsmittel zu bekommen. Auch dafür müsste sie sonst den beschwerlichen Weg ins nächste Gesundheitszentrum auf sich nehmen.
«Es ist immer wieder beeindruckend, wie offenherzig man überall empfangen wird.»
Das Thema Verhütung und Aufklärung wird auch am vierten und letzten Tag ein Thema sein. Dann nämlich wird Nino ein Jugendzentrum in Mokhotlong besuchen. Aber erst geht es wieder zurück über den holperigen Weg, der mit dem Mountain Bike eindeutig angenehmer ist, als in der mobilen Praxis.
Mehr Einblicke in Ninos Reise
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